Anfrage 0106

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1. Anfrage vom: 12.08.2014

Stand: 17.09.2014


2. Problembeschreibung:

Ein Patient erleidet einen Unfall mit einer komplexen Fraktur des Unterschenkels re. und Verletzungen aller drei Gefäßäste, angiografisch wurde ein Perfusionsabbruch der Aa. tibialis anterior et posterior sowie der A. fibularis gefunden. Die Gefäßläsionen wurden initial durch Naht und Thrombektomien versorgt. Am Folgetag erneute Gefäßrevision bei langstreckiger Thrombosierung der A. tibialis posterior, Versorgung mit einem Veneninterponat. In einer weiteren Revision am 5. Tag nach Unfall wurden Teile der Muskulatur als nekrotisch (infolge prolongierter Ischämie) beschrieben und reseziert. Innerhalb der folgenden zwei Wochen bildete der Patient Nekrosen der Haut und der darunter liegenden Weichgewebe (trockene Gangrän des Vorfußes, feuchte Gangrän des Unterschenkels) aus, die eine Unterschenkelamputation erforderlich machen.


3. Frage:

Strittig ist die Kodierung der Nebendiagnose T79.6 Traumatische Muskelischämie. Der Kode sei einem Kompartmensyndrom vorbehalten, dies hätte durch die großzügigen Inzisionen und die Weichgewebsdefekte nicht vorgelegen.


4. ggf. Lösungsansatz:

Die Kodierung der Nebendiagnose ist gerechtfertigt, da durch die Verletzung mit Gefäßthrombosierung eine prolongierte Ischämie der Muskulatur des Unterschenkels und Fußes hervorgerufen wurde. Der Kode beschreibt in der systematischen Hierarchie eine Muskelischämie als Frühkomplikation eines Traumas. Im Beispiel hat eine Verletzung mehrerer Gefäße zu einer nekrotisierenden Ischämie der Muskulatur des Unterschenkels und des Fußes geführt, die trotz Revaskularisation zu fortschreitenden Nekrosen geführt hat. Ein Kompartmentsyndrom ist nicht die einzige Möglichkeit zur Entstehung einer traumatischen Muskelischämie.


5. ICD / OPS / DKR / Gesetze:

ICD-Katalog 2010
T79.- Bestimmte Frühkomplikationen eines Traumas, anderenorts nicht klassifiziert
T79.6 Traumatische Muskelischämie
Kompartmentsyndrom Volkmann-Kontraktur M62.2- Ischämische Muskelkontraktur, Exkl.: Nichttraumatisches Kompartmentsyndrom


Antwort

Der ICD-Kode T79.6 ist nicht dem Kompartmentsyndrom vorbehalten. Dass die unter dem Schlüssel T79.6 aufgeführten Begriffe nicht als Synonyme zu verwenden sind, ergibt sich aus der Tatsache, dass das Kompartmentsyndrom nicht mit der Volkmann-Kontraktur gleichzusetzen ist.

Die Darstellung des Sachverhaltes als traumatisch bedingte Ischämie im Sinne einer Frühkomplikation eines Traumas ist schlüssig. Sie ist Folge der durch das Trauma hervorgerufenen vaskulären Verletzungen und manifestiert sich in den Nekrosen.

(17.09.2014)


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